Heimgrube
Heimgrube
Nach einer kurzen Kletteraktion lande ich mit den Füßen direkt im zentimeterhohen Schlamm.
Beinahe die gesamte Wade ist im Morast verklebt. So mancher hat an dieser Stelle schon sein
Schuhwerk verloren. Auch meine Gummistiefel erheben sich nur mit Hilfe der Hände aus dem
Schlick. Eine Wahnsinnstortur, hält man sich doch vor Augen, dass die Stehhöhe vielleicht gerade mal
etwa 1.20 Meter beträgt. Immerhin ist dieser Abschnitt nicht allzu lang. Schon bald kann ich meinen
Körper wieder strecken. Was es vorhin an Platz mangelte gibt es jetzt reichlich. Ich stehe in einer
riesigen Halle. Von hier aus teilt sich der Weg in mehrere Stollenabgänge. Wir entscheiden uns
diesmal den rechts abgehenden zu nehmen. An einer uralten Lore vorbei geht es bald tonnlägig
hinab. Schnell rutscht man aus und droht in einen Bereich zu fallen, den man im Schein der
Taschenlampe noch gar nicht beleuchtet hat. Zum Glück gibt es auch an dieser Stelle ein verrostetes
Rohr, an dem man sich gut festhalten kann. So gelingt nach und nach die Kletterei auf die tiefste
Sohle. Der letzte Meter ist jedoch nur springend zu erreichen. Langsam hatte sich in dem Schacht
Wasser gesammelt, das mit einem angenehmen Plätschern mit mir den Weg hinabsuchte. Ehemals
Hauptauslöser für Schlitterpartien, ist er ganz unten jedoch zu einem echten Wasserfall
herangewachsen. Trockene Füße gibt es ab hier nicht mehr, denn der Sprung führt wohl oder übel ins
kalte Nass. Unten angekommen teilt sich der Weg nach Links und Rechts. Wir entscheiden uns nach
rechts zu gehen. Alle Mühe werden belohnt: Es zeigen sich die schönsten geologischen Formationen.
Der Wasserstand ist hoch. Dennoch nicht so hoch wie er es noch vor ein paar Jahren war. Damals
hatte ich einen Stock dabei, um im dunklen Gewässer nach möglichen abgehenden Löchern zu
stochern. Das Wasser war so hoch, dass es nur noch möglich war, mit Zehenspitzen auf alten
Schienen unter Wasser zu balancieren. Die Wathose ging schließlich nur zur Brust. Für Halt sorgte ein
Kabel, dass an der Firste befestigt war. Nur war dieses so locker, dass ich immer wieder schwankte.
Heute ist der Wasserspiegel doch eher geschrumpft, sodass ich problemloser vorankomme. Ich kann
auch die großen Löcher im Wasser erkennen, die mich damals zum Umkehren zwangen. Endlich neue
Bereiche. Ich erreiche das letzte Ende der Grube. Der schwierigste Bereich. Am Ende des sehr
schönen Stollens befindet sich eine verrammelte Tür im Mauerwerk. Hier geht es nicht weiter. Auch
wenn, würde es nur wieder nach draußen führen. Auf den Parkplatz eines Freizeitparks. Es bleibt nur
die Umkehr über eine Alternativroute, die mir zumindest erspart den Wasserfall wieder
hinaufzuklettern. Wo ehemals ein Personenaufzug fuhr, können wir heute nur klettern. Aber
immerhin ist es trocken und demnach nicht so rutschig. Im oberen Bereich der Grube hängt die Firste
sehr locker. Immer wieder muss ich über heruntergekommene Felsen steigen. Nach solch einer
intensiven Tour bin ich froh endlich wieder frische Luft schnappen zu können. Es ist mitten in der
Nacht, und ich befinde mich mitten in einem Wald. Leise ist es aber keineswegs. Gar nicht weit
entfernt höre ich lautes Schmatzen und Grunzen. Es bleibt mir keine andere Möglichkeit, als leise
dem näherkommenden Geräusch entgegenzutreten.